Das Arbeiterviertel
Es läuft die dritte Minute der Verlängerung. Andrew Desjardins fährt mit dem Puck am Schläger Richtung rechten Bullykreis, schlenzt den Puck in den linken Winkel und entscheidet so das Match. Mit toller Moral und großer Willenskraft hatten die Adler Mannheim zuvor die Partie am Sonntagnachmittag in Bremerhaven nach einem 2:4-Rückstand Mitte des letzten Drittels doch noch in die Overtime geschickt.
Der Schuss, er passte ganz genau ins Kreuzeck. Doch auch wenn er wohl seinen Weg allein ins Ziel gefunden hätte, war ein Detail für den erfolgreichen Abschluss nicht unerheblich: Chad Kolarik positionierte sich genau vor Pinguins-Schlussmann Tomas Pöpperle. Genau in dessen Sichtfeld, genau zum richtigen Zeitpunkt. „In jedem Powerplay und im besten Fall auch bei Fünf gegen Fünf ist es eine gute Idee, dem gegnerischen Torhüter die Sicht zu nehmen. Wenn der Goalie den Moment der Schussabgabe nicht sieht, ist es ganz schwer für ihn, noch rechtzeitig zu reagieren“, erklärt der Torschütze, wie entscheidend in diesem Zusammenhang Sekundenbruchteile sein können.
„Wir wollen im Idealfall sogar zwei Jungs vor dem Tor platzieren. Während einer die Sicht nimmt, kann der zweite auf den Abpraller gehen. Denn auch die Reboundkontrolle wird für einen Torhüter ohne Sicht deutlich schwieriger“, verrät Desjardins noch einen weiteren Vorteil des Screenings. Allerdings ist die Arbeit im Slot keine einfache. Wie beim Handball am Kreis wird in der Gefahrenzone rigoros zur Sache gegangen. „Crosschecks, Rumgeschiebe, Halten, Zerren. Das ist definitiv nicht jedermanns Sache. Man muss in jedem Fall einstecken können“, bestätigt Desjardins.
Kolariks perfektes Timing
Dazu braucht der Spieler dann noch die Gabe, das Spiel zu lesen und das richtige Timing zu haben. „Da fällt im Voraus kein Stichwort oder ähnliches. Das Screening ist zwar Teil unseres Systems, aber es gibt keine festgesetzten Mechanismen. Dafür geht alles zu schnell. Chad hat einfach gesehen, dass ich mich mit der Scheibe Richtung Bullypunkt bewege und erkannt, dass es unsere Chancen auf ein Tor erhöht, wenn er sich vor dem Schlussmann platziert“, so Desjardins.
Wenn die Adler am morgigen Mittwoch in Schwenningen auflaufen (19.30 Uhr), wird sich wieder der eine oder andere Spieler im Slot platzieren. Dort, wo mit harten Bandagen gekämpft wird. Dort, wo Nehmerqualitäten gefragt und ein gutes Timing nötig sind. Dort, wo man durchaus entscheidend an einem Treffer mitwirken kann, obwohl man nicht auf dem Spielberichtsbogen auftaucht. Eben dort im Arbeiterviertel.
Foto: Jasmin Wagner