Von Faszien-Therapie bis Wärmebehandlungen
MT, PNF, Osteopathie, Myoreflex- und Faszien-Therapie, Laser-Behandlung, Elektrotherapie, Kälte- und Wärmebehandlungen, Infrarotkabine, MTT: All diese Begrifflichkeiten und Abkürzungen haben eines gemeinsam: Sie gehören zum Alltag von Physiotherapeuten. Und all diese Sachen finden auch bei den Spielern der Adler Mannheim Anwendung.
Es zwickt, es drückt, es schmerzt, es klemmt - wer mit Sport sein Geld verdient, opfert nicht selten seinen Körper. Voller Einsatz, nicht nur im Spiel, nicht nur in den Trainings. Auch in der Vorbereitung und im Kraftraum wird geschuftet, geschwitzt, bis an die physischen Grenzen gegangen. Die Belastung fordert irgendwann ihren Tribut. Spätestens dann kommen die Physiotherapeuten ins Spiel. Bei den Adlern sind das Michael Ludwig und Steffen Nietschke. „Im Grunde geht es immer darum, die Spieler schnellstmöglich wieder fit für die nächste Einheit zu bekommen“, erläutert Ludwig, der bereits im fünften Jahr für die Adler arbeitet, das zunächst simpel klingende Anforderungsprofil an seine Arbeitsstelle. Ganz so einfach ist es in der Praxis aber nicht. „Eishockey deckt ein breites Spektrum an Sportverletzungen ab. Von Knochenbrüchen über Muskel- und Sehnenverletzungen, Schnittwunden bis hin zu Gehirnerschütterungen ist alles dabei“, stellt sich beim Physio-Duo der Adler so schnell keine Langeweile ein.
„Die Verletzungen ähneln sich zwar jedes Jahr, plan- oder vorhersehbar ist aber nichts. Trotz immer besser werdender Ausrüstung und gezielterem Athletiktraining der Jungs. Zudem müssen wir jeden Spieler immer einzeln betrachten, da jeder mit einer eigenen körperlichen Konstitution zu uns kommt“, verdeutlicht Nietschke, dass für keine Situation ein Masterplan in der Schublade liegt. „Manchmal müssen wir auch einfach mal etwas ausprobieren. Michael und ich kommunizieren täglich, tauschen uns aus, stimmen uns ab. Über verschiedene jährliche Fortbildungen versuchen wir in Sachen Therapieformen und -möglichkeiten breit aufgestellt zu sein“, gab es bislang noch keinen Reha- oder Regenerationsprozess, bei dem Ludwig und Nietschke nicht hätten helfen können.
Zumindest ein bisschen Planungssicherheit
Zumindest bei der theoretischen Tages- und Wochenplanung hat die Physio-Abteilung ein wenig mehr Sicherheit: „Der Fokus liegt in einer regulären Saison auf den Spielen. Unsere Hauptarbeit wollen wir vorher erledigt haben. Am Spieltag selbst werden nur kleinere Tapes angelegt und die Kabinenplätze präpariert. Dafür ist zuvor jeden Tag mindestens einer von uns beiden in der Arena, um die Spieler betreuen zu können. Es geht vor allem um prophylaktisches Arbeiten“, erklärt Nietschke, dass durch enge Absprachen mit den Coaches und Athletiktrainern eine intelligente Trainings- sowie Rehabilitations- und Regenerationssteuerung möglich sind. Das tatsächliche Tagesgeschäft beschreibt Familienvater Ludwig derweil als routiniert: „Wir beginnen morgens um sieben Uhr mit den Vorbereitungen. Teekochen, Gerätschaften richten, Kältebecken und Saunen in Betrieb nehmen.“
Gegen acht stehen die ersten Spieler für die Behandlung bereit, Feierabend ist gegen sieben Uhr am Abend. „Wir haben einen Wochenplaner in unserem Physioraum. Dort kann sich jeder Spieler für einen Termin eintragen.“ Unter einer halben Stunde Behandlungszeit geht es meist nicht. „Es gibt keine Tabelle, auf der steht, wie lange was bei welcher Verletzung dauert. Wir lassen die Jungs dann gehen, wenn wir der Meinung sind, dass jetzt der gewünschte Effekt eingetreten ist. Das lässt sich einfach nicht pauschalisieren“, so der 43-Jährige weiter.
Selten nur Massagen
Anhand dieser Ausführungen wird klar, dass man sich vom vielleicht klassischen Vorstellungsbild eines massierenden Physiotherapeuten verabschieden muss. Zumindest wenn er für eine Profisportmannschaft tätig ist. „Reine Massagen sind selten. Das meiste sind Behandlungstechniken. Dazu gehören beispielsweise auch aktive Kraft- oder Dehnübungen.“ Für jede Anwendung steht Ludwig und Nietschke dabei passende Gerätschaften zur Verfügung. Hochmodern und absolut praktisch sind beispielsweise die zwei Game Readys. Dabei handelt es sich um Kompressions- und Kältegeräte zur Förderung des Heilungsprozesses nach Verletzungen. „Im Prinzip ist es eine Manschette, wie man sie vom Blutdruckmessen kennt. Nur größer, und für jedes Körperteil gibt es eine eigene. Unter Druck wird Eiswasser in die Manschette geleitet, die sich dadurch aufbläst und Druck erzeugt“, klärt Ludwig auf. Zudem steht seit ein paar Jahren ein mobiler Laser zur Verfügung, der aufgrund seiner großen Frequenzbandbreite sehr tief in das Gewebe eindringen und dort den Stoffwechsel und die Durchblutung fördern kann.
Auch für den Regenerationsprozess haben die Physios neben Nahrungsergänzungsmitteln schnell das Richtige zur Hand. „Die Recovery Boots werden gerne auf der Rückfahrt von Auswärtsspielen genommen. Jedes Bein kommt dabei in eine Manschette, die Druck aufbaut und so hilft, das angestaute Laktat in der Muskulatur abzubauen“, weiß Ludwig, was im Bus gefragt ist. Schmerzmittel für jede Körperregion sind ohnehin obligatorisch, und für den Direkteinsatz bei Spielen steht ein Koffer mit Kompressen, Eisbeuteln, Pflaster, Tape, Polster- und Verbandsmaterial und Schere bereit. „Wir können die Spiele zwar immer live verfolgen, beobachten dabei aber eher unsere Spieler, sowohl auf dem Eis als auch auf der Bank. Trotz all der Emotionen auf den Rängen, vor und hinter der Bank und auf dem Eis natürlich müssen wir die Ruhe bewahren“, weiß Nietschke, dass ein kühler Kopf in seinem Job entscheidend sein kann. Sollte der Spieler nicht auf dem Eis oder der Bank wiederhergestellt werden können, geht es zur genaueren Untersuchung in die Kabine. „Dort kann er seine Ausrüstung ablegen und von einem Arzt genauer behandelt, beispielsweise genäht werden.“
Medizinisches Wissen auf Niveau eines Arztes
Mit der Arbeit von Ludwig und Nietschke, bei der man intensiven Körperkontakt nicht scheuen sollte, geht selbstredend ein hohes Maß an Verantwortung einher. Damit die beiden dieser gerecht werden können, sind ausgeprägte Medizinkenntnisse Grundvoraussetzung. „Wir müssen von Kopf bis Fuß den ganzen Körper mit seinen Knochen, Muskeln, Sehnen und Bändern kennen. Manche Sachen schauen zwar auch wir nach, prinzipiell haben wir aber sicher medizinisches Wissen auf dem Niveau eines Arztes, mit Ausnahme der Medikation“, so Nietschke, der sich auch schon beim Ligarivalen Schwenningen acht Jahre lang um das Wohl der Spieler gekümmert hat und nun bei den Adlern seine vierte Spielzeit durchlebt.
Trotz oder gerade wegen der großen Verantwortung und der oftmals langen Arbeitszeiten, denn auch auswärts ist stets ein Physio samt Kofferliege anwesend, machen Ludwig und Nietschke ihren Job leidenschaftlich gern. „Wir wissen ja, auf was wir uns einlassen. Und letztlich ist es durchaus angenehm, mit Sportlern zu arbeiten, denn sie verfügen über einen gewissen Ehrgeiz, wieder fit zu werden, und über eine hohe Grundmotivation. Außerdem sind sie bereit, viel mehr Sachen mitzumachen und aushalten“, stellt der generell sportbegeisterte Ludwig den Adler-Spielern, zu denen sich unweigerlich recht schnell ein Vertrauensverhältnis aufbaut, ein gutes Zeugnis aus. Sein nächster Blick wandert im Anschluss auf den Wochenplaner an der Wand. Dort stehen bereits die nächsten Trikotnummern eingetragen. Irgendetwas ist eben immer. Von Faszien-Therapie bis Wärmebehandlungen.



