08.05.2024

Reichel: „Habe nichts geschenkt bekommen“

Reichel: „Habe nichts geschenkt bekommen“

Mit Kristian Reichel haben die Adler den Sohn des ehemaligen NHL-Spielers Robert Reichel verpflichtet. Im Interview spricht der 25-jährige Stürmer unter anderem über seine große Eishockey-Familie und seine eigenen NHL-Einsätze.

Kristian, wo erreichen wir dich?

Ich bin in meiner Heimatstadt Litvinov. Über den Sommer versuche ich, viel Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden zu verbringen, einfach eine Auszeit zu nehmen und mich zu erholen. Heute besuche ich beispielsweise meine Großeltern und hoffe, dass meine Oma für mich gekocht hat. (lacht) Daneben kümmere ich mich gerade um meine ganzen Angelegenheiten, die so ein Clubwechsel in ein anderes Land mit sich bringen. Irgendwann kommt dann das Sommertraining wieder dazu, die Vorbereitung auf die neue Saison startet. Ich mache also über die eisfreien Monate nichts Besonderes, halte es eher so, wie die meisten Eishockey-Spieler im Sommer.

Du entstammst einer großen Eishockey-Familie. Die Frage, wie du zum Pucksport gekommen bist, beantwortet sich da von selbst, oder?

Ja, das kam von ganz allein. Wenn du seit deiner Geburt jeden Tag mit Eishockey in Kontakt kommst, wenn du gefühlt in einer Kabine aufwächst, wenn Eishockey einfach allgegenwärtig ist, wenn du mit all deinen Freunden als Kind quasi bei jeder sich bietenden Gelegenheit Hockey spielst, kommst du nicht daran vorbei. Am Anfang war es nur mein Hobby. Ich hatte zunächst nicht die Absicht, beruflich Eishockey zu spielen. Aber im Alter von 15 oder 16 war der Zeitpunkt gekommen, an dem ich eine Entscheidung treffen musste. Mein Vater war ein großartiger Spieler, er stand mir immer mit Rat und Tat zur Seite, hat mich entwickelt und mir auf meinem Weg sehr geholfen.

Wie stark stehst du mit deinem Vater Robert, deinem Onkel Martin oder deinen Cousins Lukas und Thomas im Austausch?

Am meisten mit meinem Vater. Er hat mir immer ein ehrliches Feedback gegeben, wenn ich nicht gut gespielt habe. Das ist meiner Meinung nach absolut entscheidend. Denn gerade als junger Spieler musst du wissen, wenn du nicht gut warst, was du besser, wo du etwas anders machen musst. Diese Rückmeldung ist wichtig. Auch mit meinem Onkel spreche ich manchmal, dann aber eher bei persönlichen Treffen im Sommer, wenn ich in Europa war. Gegen Lukas habe ich in der AHL gespielt. Wenn man in derselben Liga spielt, tauscht man sich generell häufiger aus, fragt nach, wie es gerade für den jeweils anderen läuft. Mit Thomas habe ich dagegen nicht ganz so viel Kontakt.

Hast du bereits eine Vorstellung von Deutschland, Mannheim oder der PENNY DEL?

In der Saison, als ich mit Leon Gawanke in Manitoba zusammengespielt habe, habe ich gemeinsam mit ihm hin und wieder ein DEL-Spiel angeschaut, zudem habe ich natürlich mit meinem Agenten darüber gesprochen, was für ein Eishockey mich in Deutschland erwartet. Ich finde, das deutsche Eishockey hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt, gehört inzwischen aus gutem Grund zu den Top-sechs-Nationen.

Du konntest dir deinen Traum von der NHL bereits erfüllen. Was bedeuten dir deine Einsätze für Winnipeg?

Jede Menge! Wenn du als kleines Kind mit Eishockey beginnst, träumst du unweigerlich davon, es irgendwann einmal in die NHL zu schaffen. Leider habe ich nicht allzu viele Spiele in der NHL bestritten, aber ich weiß, dass ich nichts geschenkt bekommen und für jedes Spiel, das ich machen durfte, hart gearbeitet habe. Ich habe mir alles verdient. Jetzt liegt mein Fokus aber allein auf Mannheim.

Wie blickst du auf deine abgelaufene Saison zurück?

Ich hatte eine gute Saison, bin verletzungsfrei durchgekommen. Das war in den Jahren zuvor leider nicht immer der Fall. Ich hatte zunächst Anlaufschwierigkeiten, aber ich konnte zumindest meinen Beitrag für das Team leisten. Ich habe einfach weitergemacht, bin geduldig geblieben, und plötzlich lief es nach Weihnachten einfach besser, obwohl ich aus meiner Sicht nichts verändert habe, mir einfach treu geblieben bin. Auch als Team hatten wir einen schweren Start. Wir mussten viele Neuzugänge integrieren, vielleicht lag es daran. Wir haben uns gegen viele Widrigkeiten behauptet und es am Ende doch noch in die Playoffs geschafft. Da sind wir allerdings unglücklich in der ersten Runde ausgeschieden.

Mit 25 Jahren hast du noch Entwicklungspotenzial. Woran willst du noch arbeiten?

Ich kann noch im Bereich vor dem Tor stärker werden. Dort muss man hin, wenn man Tore erzielen will. Ich muss noch ein paar Kilos drauf packen, stärker werden. Dann kann ich mich auch in den Zweikämpfen besser behaupten.

Auf welchen Spielertyp können sich die Adler-Fans grundsätzlich freuen?

Ich bin ein Zwei-Wege-Stürmer, bin verlässlich in der eigenen Zone und in Unterzahl, kann aber auch Powerplay spielen. Im Spiel nach vorne bin ich als Schütze und Vorbereiter brauchbar. Ich kann sowohl als Center als auch auf dem Flügel eingesetzt werden und werde physisch, wenn es sein muss.

Mit Leon Gawanke hast du eine gemeinsame Vergangenheit. Bist du mit noch jemandem aus dem aktuellen Team bekannt?

Leon würde ich als Freund bezeichnen. Wir hatten auch während der zurückliegenden Saison immer wieder Kontakt. Mir sagen natürlich die Namen Tom Kühnhackl und Matthias Plachta etwas, Marc Michaelis kenne ich als Gegenspieler. Die meisten Gesichter sind sicher neu für mich, aber mit Leon habe ich auf jeden Fall einen Vertrauten an meiner Seite, der mir den Start bei den Adlern erleichtern wird.

Wie wirst du den bevorstehenden Sommer verbringen?

Ich werde noch ein bisschen Urlaub mit meiner Freundin machen. Noch ist nicht ganz klar, wo, aber wir suchen uns immer ein paar schöne Fleckchen auf der Erde und genießen dort gemeinsam unsere Zeit. Rund zweieinhalb Monate vor dem Umzug nach Mannheim werde ich dann das Training wieder intensivieren.

Welchen Interessen gehst du abseits des Eishockeys nach?

Ich spiele mit ein paar Jungs hier in Litvinov intensiv Tennis. Wir organisieren richtige Turniere, in denen es auch um etwas geht. Der Ehrgeiz ist bei allen sehr groß. Ich koche zudem sehr gerne, und meiner Meinung nach auch gut. Das musste ich in Kanada schnell lernen, als niemand mehr da war, der das für mich gemacht hat.