Sommerschuften
Eishockey. Schon die reine Begrifflichkeit erzeugt eine gewisse Assoziation zu Winter, zu Kälte. Und ja, auch wenn die eigentliche Spielzeit bereits im September und damit im Spätsommer beginnt und mit Weltmeisterschaft erst im Mai des Folgejahres endet, spielen sich Großteile der Saison im Winter ab. Doch mitnichten ist es so, dass im Sommer die Füße hochgelegt werden. Klar, der Jahresurlaub findet in den heißesten Wochen des Jahres sein Plätzchen, doch drumherum wird geschuftet, schwer geschuftet.
Schon seit Anfang Mai haben unsere deutschen Spieler mit der Saisonvorbereitung begonnen. „Zu dieser Zeit lag der Fokus darauf, Kapazitäten zu erzeugen. Muskelwachstum, Leidensfähigkeit, mentale Stärke wurden ausgebildet und an ganz persönlichen Zielen gearbeitet“, erinnert sich Jörn Krebs, Athletiktrainer der Adler, gute zehn Wochen zurück. Warum ein derart früher Start? „Es geht einerseits darum, das Off-Ice-Training, das nicht unbedingt zu den Lieblingselementen aller Spieler zählt, als möglichst angenehmes Element der Trainingskultur zu etablieren. Andererseits ist dieses vielseitige Training einfach ein Anpassungs- beziehungsweise Gewöhnungsprozess, der seine Zeit braucht“, erläutert Krebs die Gründe für die schnelle Rückkehr in den Trainingsbetrieb nach dem Saisonaus Ende März.
Damit die vielen Wochen der gemeinsamen Anstrengung, des gemeinsamen Schwitzens nicht zu langweilig, nicht zu monoton werden, ist Abwechslung gefragt. „Spielerische Elemente, wie Fußball- oder Tenniseinheiten, aber auch der Wettbewerbscharakter, den wir durch diverse Challenges in den Vordergrund stellen, sind wichtige Bausteine, um die Jungs bei Laune zu halten. Natürlich hat auch die Rückkehr aufs Eis Anfang des Monats geholfen. Da sind die Spieler in ihrem Element. Gleichzeitig schrauben wir das Pensum der Off-Ice-Einheiten zurück. Sehr zur Freude der meisten Jungs“, umreißt Krebs lachend. Ein anderer, nicht zu unterschätzender Faktor: die richtige Dosis. „Gerade am Anfang müssen auch wir Trainer uns erst einmal an das richtige Volumen herantasten. Die Belastung soll hoch, aber nicht zu hoch sein. Überforderung und Übertraining sind kontraproduktiv. Daher haben wir jeweils nach drei Wochen eine Deload-Woche, die der Regeneration dient“, erklärt Krebs.
Erste Früchte der Umstrukturierung
Wenn der 33-Jährige, der bereits seit vergangenem Juli das Off-Ice-Athletiktraining bei den Adlern verantwortet, von Trainern spricht, meint er neben sich selbst auch Anton Blessing, Robert Mager und Dr. Sascha Härtel. Blessing war bereits von 2019 bis 2021 Performance Coach der Adler. Mager ist Inhaber und Sportlicher Leiter von ALLOUT Performance, Dr. Härtel Leiter der Leistungsdiagnostik der TSG Hoffenheim. „Anton fungiert in erster Linie als Schnittstelle zu den Jungadlern, denn hier setzen wir seit einigen Monaten noch stärker auf eine Verzahnung. Robert ist erster Ansprechpartner, wenn es um Ernährung und Lifestyle geht. Ganz pragmatisch gesprochen: Wann hilft Wärme bei der Regeneration, wann Kälte? Was macht Kaffee mit mir und meinem Körper? Sascha ist unterdessen für unser Profiling verantwortlich, erstellt aus den über die gesamte Saison erhobenen Messwerten das Fitnessprofil unserer Spieler“, gibt Krebs einen Einblick in die interne Aufteilung.
Über all diese Vorgänge, Verläufe, Erfolge und Rückschläge steht das Quartett untereinander in engem Austausch. Aber auch die Kommunikation mit Cheftrainer Dallas Eakins und Co-Trainer Marcel Goc nimmt viele Stunden in Anspruch. „Nicht selten sprechen wir drei-, viermal pro Woche intensiv miteinander, werten aus, planen das weitere Vorgehen und passen die Zwischenziele an. Bislang sind wir mit den Resultaten sehr zufrieden. An der einen oder anderen Selle lässt sich noch justieren, aber zu 95 Prozent deckt sich unsere Vorstellung mit der Realität“, freut sich Krebs. Sie seien komplett platt, sie hätten noch nie so hart trainiert, wären aber auch noch nie so fit – Aussagen von selbst erfahrenen Spielern bestätigen, dass die Umstrukturierung des Athletikbereichs erste Früchte trägt. „Es ist eigentlich der höchste Lohn, das größte Lob, wenn die Spieler selbst merken, dass die Dinge, die wir mit ihnen machen, die wir von ihnen verlangen, ihnen helfen, sie besser machen“, so Krebs.
Ruderzüge, Schlittenziehen, Schulterpresse, Kniebeugen, Kreuzheben, Sprints, Steigerungsläufe – seit Anfang Mai schon schuften unsere Jungs im Kraftraum, schwitzen auf der Aschebahn. Eishockey ist ein Wintersport, keine Frage. Die Grundlagen für eine lange Saison werden aber in den heißen Wochen des Jahres gelegt.